Housing First – Gemeinsamer Antrag
Housing First – Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, FDP und DIE LINKE
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Ramette,
die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE beantragen,
die Mitglieder des Rates mögen in ihrer nächsten Sitzung beschließen:
1. Die Verwaltung wird aufgefordert, gemeinsam mit den wesentlichen Trägern der
Obdachlosenhilfe ein Housing-First Konzept zu erarbeiten. Dieses soll langfristig dazu
beitragen, die Zahl von obdachlosen Menschen in Wuppertal signifikant zu senken.
Ziel des zu erarbeitenden Konzeptes soll es sein, Wohnungen dauerhaft für die Nutzung
durch das Konzept von Housing First mithilfe folgender Schritte umzuwidmen:
a) Prüfen, welche Wohnungen im Besitz der Stadt Wuppertal bereits jetzt für Housing First
geeignet sind.
b) Bei privaten Vermietern sich dafür einzusetzen, eine Nutzung von Wohnungen im
Rahmen von Housing First zu ermöglichen (also eine direkte Vermietung an die von
Wohnungslosigkeit Betroffenen nach Vermittlung durch Träger oder der Stadt Wuppertal).
c) In Kooperation mit Trägern, die sich an Housing First beteiligen möchten, die Suche
aufzunehmen nach Wohnungen, die für Housing First genutzt werden können, oder die
Vermieter bereit sind, diese auch an Betroffene zu vermieten.
d) Eine geeignete Anzahl an Wohnungen für Housing First (ggf. in vorgenannter
Kooperation) für einen Modellversuch zur Verfügung zu stellen.
e) Eine gezielte Verteilung entsprechender Wohnungen über das gesamte Stadtgebiet zu
gewährleisten.
2. Die Verwaltung wird aufgefordert, gemeinsam mit den wesentlichen Trägern der
Obdachlosenhilfe zu prüfen, ob kurz- und mittelfristig Wohnungen für Housing First für einen
Modellversuch zur Verfügung gestellt werden können. Die Gemeinnützige
Wohnungsbaugesellschaft mbH Wuppertal (GWG) wird aufgefordert bis August 2022 zu
prüfen, inwiefern aus ihrem Bestand Wohnraum für ein Housing-First-Modellprojekt zu
einem adäquaten Mietzins zur Verfügung gestellt werden könnten.
3. Die Verwaltung wird aufgefordert, die soziale Betreuung im Rahmen von Housing First
über die lokalen Träger sicherzustellen. Hierzu wird die Verwaltung beauftragt zur
finanziellen Absicherung der psychosozialen Betreuung Gespräche mit dem
Landschaftsverband Rheinland im Hinblick auf eine zumindest teilweise Kostenübernahme
zu führen. Das eingesetzte Personal soll dabei mit dem Konzept Housing First und der
Arbeit in der Wohnungslosenhilfe beziehungsweise in der Arbeit mit Menschen mit sozialen
Schwierigkeiten vertraut sein.
4. Zur Vergabe der Wohnungen im Rahmen des Konzeptes Housing First soll mithilfe der
Träger ein Kriterienkatalog erarbeitet werden, nach dem die zur Verfügung stehenden
Wohnungen vergeben und an Menschen durch die Träger vermittelt werden.
5. Dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit wird das Konzept nach
Fertigstellung spätestens bis zum IV. Quartal 2022 vorgestellt.
6. Für die geforderten Konzepte und Prüfungen bzw. für deren Umsetzung sind
Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Finanzielle Mittel für die Konzepterarbeitung und
ggf. einen Modellversuch wie unter 2. sind im Haushaltsplan zu berücksichtigen.
Begründung:
Die Wuppertaler Hilfe für Wohnungslose ist in vielen Bereichen gut strukturiert, vermeidet
drohende Obdachlosigkeit oder baut diese ab. Housing First ist für Menschen entworfen, die
ein hohes Ausmaß an Hilfe brauchen, um die Obdachlosigkeit hinter sich zu lassen. Das
Konzept Housing First kann für verschiedene Personenkreise mit unterschiedlichen
Schwerpunkten das geeignete Mittel zur langfristigen Vermeidung von Wohnungs- und
Obdachlosigkeit sein. Insofern ist Housing First ein weiterer (und kein ersetzender) Baustein
im bestehenden Hilfesystem.
Housing First stellt eine weitere mögliche Angebotsform dar, die den Fokus auf
langzeitwohnungs- beziehungsweise obdachlose Menschen mit multiplen Problemlagen legt.
Die bisher in anderen Ländern und Kommunen erprobten Modellprojekte beziehungsweise
Umsetzungen haben sich dabei auf Betroffene mit schweren Problemen der psychischen
Gesundheit, mit problematischem Drogen- und/oder Alkoholkonsum, schlechter körperlicher
Gesundheit, chronischen Erkrankungen oder Behinderung fokussiert. Ziel dieser Projekte ist
es, die Klientel direkt und niedrigschwellig (ohne Bedingungen wie beispielsweise
Alkoholverzicht) in unbefristete Wohn- und Mietverhältnisse zu vermitteln, um über
Wohnstabilität mittelfristig auch Gesundheit und Wohlbefinden sowie soziale Inklusion zu
gewährleisten.
Die Umsetzung des Housing First Konzeptes soll auf bereits bestehende Angebote und
Maßnahmen abgestimmt sein und diese in sinnvoller Weise ergänzen. Ziel ist, die Zahl
wohnungsloser Menschen in Wuppertal durch das ergänzende Angebot zu reduzieren.
Darüber hinaus sollte die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH Wuppertal (GMW)
als kommunales Unternehmen und eine der größten Vermieter der Stadt aufgefordert
werden, zu prüfen, ob Wohnraum für den Ansatz Housing First vorgesehen werden könnte.
Neben der Bereitstellung geeigneten Wohnraums ist das erforderliche Angebot einer
sozialen Betreuung wesentlich. Dies sollte über lokale Träger gewährleistet sein, die über
Erfahrungen in der Wohnungslosenhilfe verfügen und mit entsprechendem Personal den
besonderen Ansatz von Housing First umsetzen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Wessel Marcel Gabriel-Simon
Sprecher im Sozialausschuss Sprecher im Sozialausschuss
Lukas Twardowski Gérard Ulsmann
Sprecher im Sozialausschuss Sprecher im Sozialausschuss
Susanne Herhaus
Sprecherin im Sozialausschuss